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Gegen den Strom

Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen.“ - Hermann Hesse

Sind sie schon mal gegen den Strom geschwommen? Vielleicht in der Saale, an einer breiten Stelle? Oder auch in einem Schwimmbad, da gibt es ja auch manchmal so kleine künstliche Strömungen. Falls ja, dann wissen Sie bestimmt: es ist sehr anstrengend, manchmal sogar gar nicht zu schaffen. In dieser Spielzeit begleiten wir Figuren, die ebenfalls gegen den Strom schwimmen. Nicht unbedingt gegen einen aus Wasser, dennoch müssen sie sich dabei abstrampeln.

Zur Eröffnungspremiere erleben Sie Kafkas Aussteiger Gregor Samsa aus der Erzählung „DIE VERWANDLUNG“. Ein überarbeiteter Handlungsreisender, den die Zumutungen der Marktwirtschaft so sehr überfordern, dass er sich eines Morgens in einen Käfer verwandelt.

Auch das Künstler-Pärchen in dem Stück „DAS WUNDERVOLLE ZWISCHENDING“ von Martin Heckmanns möchte sich neu erfinden. Es lebt in einer heruntergekommenen Sozialwohnung und experimentiert mit verschiedenen Formen der Liebe.

In dem Stück für Kinder und Schauspieler „SCHNEEWITTCHEN LEBT“, das wir schon seit Februar 2021 vergeblich zu realisieren versuchen, leben nicht nur die sieben Zwerge gegen den Strom im Wald als verschworene Männergemeinschaft jenseits der Zivilisation, sondern auch das verzogene und unselbständige Schneewittchen wächst bei den sieben Zwergen über sich hinaus. Sie alle ringen um die Wahrheit ihrer Existenz.

Und nicht zuletzt in dem berührenden Monolog „UND MORGEN STREIKEN DIE WALE“ verirrt sich eine Gruppe Wale buchstäblich gegen den Strom schwimmend in eine Bucht, wo sie um ihr Überleben kämpft. Es scheint so, als ob die Wale uns vor Augen führen, wohin die Verschmutzung und Überfischung der Meere führt. Selbst die Tiere spüren, dass die Welt aus den Fugen geraten ist.

Wir sprechen heute gerne vom „Mainstream“ (Hauptströmung). Für mein Gefühl sollte Theater oder Kunst ganz allgemein sich nicht stromlinienförmig dem Hauptstrom anschließen, sondern im Namen der Kunst Fragen stellen, unbequem sein und den Finger in die Wunde legen. Nicht weil wir als Künstler bessere Menschen sind, - wir sind eher schlimmer - sondern weil Sie ins Theater kommen, um neben aller Unterhaltung angeregt und inspiriert zu werden. Sie möchten ähnlich wie Gregor Samsa „verwandelt“ aus dem Theater gehen. Keine Bange, wir wollen aus Ihnen keine kafkaesken Käfer machen, wir möchten Ihnen nur Figuren und Charaktere näherbringen, die (Über)- Lebensformen und Gedanken verfolgen, die auf den ersten Blick fremd anmuten, weil sie der Hauptströmung zuwiderlaufen. Aber gerade deswegen können wir durch ihre extremen Positionen auch etwas über uns selbst lernen.

In diesem Sinne freue ich mich auf unsere neue und vielleicht letzte Spielzeit im Theater am Salztor, denn mit etwas Glück können wir vielleicht schon die Spielzeit 2023/24 im verwandelten Schlachthof am Markgrafenweg eröffnen. Lassen Sie uns gemeinsam - ob gegen den Strom oder mit dem Strom - darauf hoffen, dass wir diese kafkaesken Zeiten wohlbehalten überwinden ...

Ihr Stefan Neugebauer

Manchmal sollte man weder mit noch gegen den Strom schwimmen, sondern einfach aus dem Fluss steigen, sich ans Ufer setzen und eine Pause machen.?- unbekannt

Quellenangabe: Naumburger Tageblatt

Autor: Claus Becker

Eingetragen am 22.06.2022


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