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Theater Naumburg im Alten Schlachthof
Für das kleinste Stadttheater Deutschlands ist der ersehnte Umzug im Sommer 2024 in den Alten Schlachthof nicht einfach nur ein Umzug in eine neue Spielstätte, sondern zugleich ein echter Neustart, der unter dem Vorsatz steht, dass wir Theater deutlich größer und umfassender denken wollen und vielleicht sogar müssen, wenn wir im 21. Jahrhundert, das sich ja scheinbar um jeden Preis die Digitalisierung verschrieben hat, analoge Formen der Kunst und der Begegnung in den Vordergrund rücken.
Walter Benjamin spricht lapidar von der Aura und Unverwechselbarkeit des Kunstwerks, wir sehen das Theater im Alten Schlachthof als auratischen Erlebnisraum. Der Gebäudekomplex inklusive der Außenanlagen ermöglicht uns, das Publikum auf ganz andere Weise zu verführen, als das zuvor im „Goldenen Hahn“ am Salztor möglich war.
Es ist verführerisch, wenn sich das Publikum beim Betreten des neuen Foyers in der Fassade spiegelt. Es sieht sich selbst gespiegelt - gemäß dem Orakel von Delphi: ERKENNE DICH SELBST. Spiegelungen laden das Publikum unmerklich zur Selbsterkenntnis ein.
Theater, Bildende Künste, Musik, Literatur; alle Kunstgattungen setzen unwillkürlich einen Prozess der Selbsterkenntnis in Gang.
Wenn wir meinen, uns wiederzuerkennen, egal wie verzerrt oder verfremdet, fühlen wir uns ertappt, geschmeichelt, provoziert - vermutlich alles zugleich. Wir fühlen uns innerlich angesprochen, weil wir trotz aller Selbstzweifel und (un)gesunder Skepsis insgeheim hoffen, wenn wir eine Kulturstätte aufsuchen, inspiriert, angeregt unterhalten oder einfach nur abgelenkt zu werden.
Unterhaltung in allen Ehren, aber Kunst kann und sollte sich nicht damit begnügen, die Menschen zu unterhalten. Entertainment ist ein probates Mittel, das Publikum zu gewinnen, aber künstlerischer Anspruch darf sich bei aller Kulinarik nicht damit begnügen. Kunst ist nur dann nachhaltig, wenn sie die Menschen innerlich erreicht. Deshalb wollen wir eine Spielstätte kreieren, die mehr bietet als ein Theater. Ich würde so weit gehen und sagen, dazu braucht es als Ort ein Gesamtkunstwerk, der alle Sinne anspricht.
Autor: Redaktion
Eingetragen am 08.07.2023
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